Entlacken und Entrosten: Anleitung | autozeitung.de

2021-11-22 14:59:08 By : Mr. Jason Zhou

Eine entlackte und im Tauchbad angerostete 911-Karosserie bietet ideale Voraussetzungen für einen perfekten Wiederaufbau

Auch hartnäckiger Rost hat im Entrostungsbad keine Chance. Die Schweller (Bild) müssen vorher geöffnet werden

Korpus, Hauben und Türen werden per Kran in das Tauchbad gebracht. Entlacken und Entrosten werden in zwei Prozesse unterteilt

Nach Abschluss der Karosserieinstandsetzung kann eine KTL-Beschichtung im Tauchbad als Korrosionsschutz verwendet werden

Der voll funktionsfähige Anlasser eines Porsche 356 nach rund 50 Jahren Lebensdauer. Kein Fall fürs Bad oder die Strahlkabine

Die Abziehpaste wird mit einem Pinsel aufgetragen. Die alte Farbe löst sich nach wenigen Minuten rückstandslos ab

Die Vorspeise roh und nackt. Eventuelle Korrosionsstellen werden unnachgiebig freigelegt und können behandelt werden

Der Anlasser sieht lackiert aus wie neu. Der Startmagnetschalter mit seiner Pertinax-Isolierung ist ein echtes Schmuckstück

In der Strahlkabine wird eine Mercedes SL-Karosserie in Angriff genommen. Als Strahlmittel können Soda, Kunststoffgranulat und Sand verwendet werden

Sowohl nach dem Entlacken und Rosten im Tauchbad (hier im Bild) als auch nach dem Strahlen offenbart sich der Rostschaden in seiner vollen Dramatik

Der angefressene Rostfleck am Heckscheibenrahmen dieses 911 Carrera RS wurde zuerst ausgeschnitten und dann ein Reparaturblech eingelegt

Kleinere Roststellen können auch mit einer rotierenden Stahlbürste selbst beseitigt werden

Es bleiben jedoch mikrofeine Rostpartikel zurück, weshalb der nachträgliche Einsatz eines Rostumwandlers empfohlen wird

Trockeneisstrahlen ist schonend und eignet sich besonders für die Reinigung sensibler Bereiche – wie beispielsweise eines intakten, aber verschmutzten Unterbodens

Rost und Korrosion können bei Reparaturen und Restaurierungen mit unterschiedlichen Methoden bekämpft werden – vom Tauchbad bis zur Strahlkabine

Der schlimmste Feind unserer geliebten Klassiker ist zweifellos die braune Pest. In entlegenen Ecken beginnt er kaum merklich zu fressen, und wenn die ersten dicken Rostblasen auf der Außenhaut auftauchen, wirken Karosserie und Fahrwerk manchmal düster. Teilreparaturen sind oft möglich, manchmal bleibt aber nur der beschwerliche Weg einer Komplettsanierung. Im einen wie im anderen Fall ist es für das Gelingen des Projekts wichtig, den Rost gründlich und möglichst rückstandsfrei zu entfernen. Denn es lässt sich weder mit Rost verschweißen, noch haften Zinn, Grundierung und Farbe daran. Daher haben sich verschiedene Verfahren zum Entfernen von Farbe und Rost etabliert. Grundsätzlich gilt: Es gibt kein und generell richtiges Vorgehen. Oftmals ist es die Kombination verschiedener Techniken, die den gewünschten Erfolg bringt.

Steht die Komplettrestaurierung eines stark korrodierten Schmuckstücks wie eines frühen Porsche 911 vor einem, ist die Entlackung im Tauchbad meist die erste Wahl. Der Abbeizmittel besteht aus einer Mischung aus Lauge, Wasser und Abbeizhilfsmitteln und dringt in die Lackschicht ein. Bei einer Temperatur von 80 °C quillt die Lackschicht auf, das Bindemittel wird chemisch zerstört und der Lack entfernt.

Sind nach dem Entfernen des Lacks verrostete Blechteile sichtbar, ist eine Entrostung erforderlich. Die Entrostung erfolgt ebenfalls in einem Tauchbecken bei 40 bis 50 °C. Es wird ein phosphorsäurehaltiges Entrostungsmittel verwendet. Dadurch wird der Rost entfernt, die Metallteile jedoch nicht angegriffen und die Phosphorsäure verhindert die Bildung korrosiver Rückstände auf dem Metall. Alternativen zur Tauchlackierung sind Verfahren mit pH-neutralen Lösemitteln, die das gleichzeitige Entlacken von Stahl und Aluminium ermöglichen. Am Beispiel einer 911-Karosserie beginnen die Preise für Entlackung und Entrostung bei rund 2100 Euro.

Eine entlackte Karosserie ist blitzsauber und bietet beste Voraussetzungen für eine perfekte Rekonstruktion. Schweißarbeiten und die anschließende Verzinnung funktionieren unter solchen Bedingungen einwandfrei. Nach Abschluss dieser Karosseriearbeiten kann die Karosserie auch im Tauchbad einer sogenannten KTL-Beschichtung unterzogen werden. Bei dieser elektrolytischen Kathodentauchlackierung (KTL) bildet das Werkstück – in diesem Fall der Körper – den Minuspol (Kathode) für den Stromkreis. Vereinfacht gesagt transportiert der Strom, der von der Anode (Pluspol) zur Karosserie (Kathode) fließt, die elektrisch geladenen Lackpartikel, die sich dann auf der Karosserie ablagern. 

Erst nach dieser KTL-Beschichtung beginnt der letzte Feinschliff an der Karosserie für die Lackiervorbereitung. Alternativ zum KTL-Bad kann natürlich auch die klassische Nachbehandlung mit einer Rostschutzgrundierung gewählt werden. Eine weitere Möglichkeit, eine rückstandsfreie Metalloberfläche zu erhalten, ist das Strahlen. Das Strahlen mit Natriumhydrogencarbonat, allgemein bekannt als Soda, hat sich mittlerweile etabliert.

STRAHLEN MIT SODA, SAND UND KUNSTSTOFF

Beim Strahlen mischt das Strahlsystem Wasser ein, was einerseits ein noch besseres Strahlergebnis liefert und gleichzeitig die Staubentwicklung verhindert. Auch dieses Ergebnis kann sich sehen lassen, denn das Strahlen mit Soda ist effektiv und schonend zugleich. Auch hier ist die Karosserie makellos und es gibt keine Eingriffe in die Oberflächenstruktur, wie sie beim Sandstrahlen entstehen. Allerdings kann das Sodastrahlen den Rost nicht entfernen. Daher werden die verrosteten Stellen in einem zweiten Strahlvorgang mit einem abrasiven Material wie Sand behandelt. Eine Alternative zum Entlacken ist Kunststoffgranulat. Am Beispiel einer 911-Karosserie beginnen die Preise bei 2400 Euro.

Das chemische Entlacken mit Paste ist ein entlackungsschonendes Verfahren wie das Strahlen mit Soda. Es wird bevorzugt für Teile verwendet, die nicht in einem Tauchbad oder einer Strahlkabine verwendet werden können - zum Beispiel ein funktionsfähiger Starter. Die Abbeizpaste wird gezielt mit einem Pinsel aufgetragen und schon nach wenigen Minuten lösen sich die Farbschichten ab. Anschließend können freiliegende Korrosionsstellen behandelt werden – zum Beispiel mit einer rotierenden Drahtbürste. Im Fall des beispielhaft gezeigten Starters überzeugt das Abisolierergebnis auch insofern, als der magnetische Starterschalter auch nach über 50 Jahren praktisch neu ist – inklusive der Pertinax-Isolierscheiben.

Bei kleinen Roststellen eignet sich natürlich auch der Einsatz einer rotierenden Stahlbürste für Bohrmaschine oder Winkelschleifer. Je tiefer die Korrosion jedoch ist, desto weniger effektiv ist diese Methode. Kleinste Rostablagerungen bleiben meist zurück, weshalb eine Behandlung mit einem Rostlöser wie FeDox oder einem Rostumwandler wie Fertan oder Brunox empfohlen wird.

Zu guter Letzt ist das Trockeneisstrahlen zu erwähnen. Es wird häufig verwendet, um sensible Bereiche wie Motorraum oder Unterboden zu reinigen. Das feste Kohlendioxid mit einer Temperatur von minus 78,9 Grad trifft auf die Oberfläche, geht schlagartig in einen gasförmigen Zustand über und schleudert so die Schmutzpartikel buchstäblich weg. Das Ergebnis ist eine saubere, strukturell unveränderte Oberfläche, die dann die notwendigen Arbeiten perfekt sichtbar macht. Da Trockeneis sehr schonend arbeitet, können auf diese Weise auch einige empfindliche elektrische Bauteile gereinigt werden. Am Beispiel eines 911 kostet das Strahlen des Unterbodens rund 950 Euro. 

Carblast bietet das gesamte hier vorgestellte Spektrum inklusive Karosserie. Auf www.carblast.de gibt es auch lehrreiche Videos zum Verfahren

CARBLAST FZG.-TECHNIK GMBH Reizenwiesen 18 73642 WELZHEIM-BREITENFÜRST TEL.: 0177/7 36 26 15

Ob Entlackung und Entrostung im Tauchbad mit anschließender KTL-Behandlung, Strahlen mit Soda, Kunststoffgranulat, Sand oder Trockeneis – die einsetzbaren Mittel sind vielfältig. Manchmal sind sie auch vom Fahrzeug selbst abhängig, wie das Beispiel des Porsche 911 zeigt. Sein hartnäckiger PVC-Unterbodenschutz macht die Tauchbadentlackung hier zur Methode der Wahl. Wie effektiv dieser Prozess funktioniert, zeigt der Gewichtsverlust von satten 19 Kilogramm an einer 911-Karosserie. Die Strahlverfahren sind besonders dann gerechtfertigt, wenn die Lackoberfläche spröde und gut strahlbar ist. Und für Kleinteile ist die Strahlbox ohnehin ideal. Wenn Sie Bauteile weder einem Tauchbad noch einer Strahlkabine aussetzen möchten, fi nden Sie im manuellen Entlacken mit Paste die richtige Lösung